Um Inzucht zu vermeiden, sollte der Inzuchtkoeffizient (IK) der Verpaarung laut Dr. Willis‘ Forschungsergebnissen idealerweise unter 3% liegen. Verwenden Sie Online-Tools wie den Pedigree-Berechner der FCI, um den IK potenzieller Zuchtpartner zu analysieren. Berücksichtigen Sie dabei mindestens fünf Generationen.
Vor der erstmaligen Verwendung eines Zuchtrüden empfiehlt sich eine Spermauntersuchung. Die Vitalität und Beweglichkeit der Spermien (Motilität) sollte mindestens 70% betragen, wie von Professor Aurich in seinen Publikationen hervorgehoben. Eine Kryokonservierung des Spermas junger Rüden stellt eine Option für die Zukunft dar.
Bei der Auswahl der Zuchthündin ist die Beobachtung ihrer Mütterlichkeit essenziell. Hündinnen, die bereits in jungen Jahren deutliches Fürsorgeverhalten gegenüber Welpen anderer Hündinnen zeigen, sind oft bessere Mütter. Vermeiden Sie Hündinnen mit Vorgeschichte von Gebärmutterentzündungen oder Scheinträchtigkeiten, da diese auf hormonelle Dysbalancen hinweisen können, die die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
Zuchttiere Auswählen: Worauf Achten?
Achten Sie bei der Selektion von Zuchttieren zuerst auf die Gesundheit: HD (Hüftdysplasie) muss per Röntgenuntersuchung ausgeschlossen sein (A-Hüften bevorzugen). Lassen Sie Ellbogen und Schultern ebenfalls röntgen (ED 0/0, OCD frei). Eine Augenuntersuchung auf PRA (Progressive Retinaatrophie) und Katarakt ist obligatorisch. Berücksichtigen Sie Ergebnisse von Blutuntersuchungen auf erbliche Krankheiten, insbesondere von Laboklin.
Konzentrieren Sie sich auf das Exterieur. Ein korrekter Stand, Winkelungen und eine feste Rückenlinie sind Pflicht. Orientieren Sie sich am Rassestandard und konsultieren Sie erfahrene Richter wie Hans Wiblishauser für eine objektive Einschätzung. Vermeiden Sie Tiere mit offensichtlichen Fehlern wie Knickrute, Vorbiss oder Überbiss.
Das Wesen ist ausschlaggebend. Der Hund muss sozialverträglich, nervenstark und arbeitsfreudig sein. Führen Sie eine Wesensbeurteilung durch (z.B. nach Trumler) oder lassen Sie den Hund von einem anerkannten Gutachter testen. Meiden Sie ängstliche oder aggressive Hunde.
Betrachten Sie die Ahnen. Ein guter Stammbaum mit gesunden und leistungsstarken Vorfahren ist ein Indikator für die Vererbung guter Eigenschaften. Recherchieren Sie die Zuchtlinien, z.B. bei Working-Dog, und vermeiden Sie Linienzuchten mit Inzuchtkoeffizienten über 6,25% (nach Dr. Willis).
Beachten Sie die Zuchtordnung des Klubs. Vorgaben zu Mindestalter, Zuchttauglichkeitsprüfung und Gesundheitsuntersuchungen sind bindend. Lassen Sie sich die Zuchtzulassung zeigen.
Wichtig: Kaufen Sie nur bei seriösen Züchtern, die Mitglied in einem anerkannten Zuchtverein sind und ihre Hunde artgerecht halten. Besuchen Sie die Zuchtstätte mehrmals und machen Sie sich ein persönliches Bild von den Hunden und den Zuchtbedingungen. Investieren Sie in eine ausführliche Beratung durch erfahrene Züchter wie Frau Hartmann von der Zuchtstätte „Vom Wiggis“.
Merke: Eine erfolgreiche Hundezucht ist mehr als nur das Verpaaren zweier Hunde. Sie erfordert Fachwissen, Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein.
Trächtigkeit und Geburt: Praktische Anleitung
Kontrollieren Sie ab dem 21. Tag der Gravidität den Progesteronwert. Ein Wert unter 2 ng/ml deutet auf eine Resorption hin. Ab dem 28. Tag ist die Trächtigkeit per Ultraschalluntersuchung bei einem erfahrenen Tierarzt (z.B. Dr. Wanke) sicher feststellbar. Die Röntgenuntersuchung zur Bestimmung der Welpenanzahl ist ab dem 49. Tag sinnvoll, da dann die Skelette ausreichend mineralisiert sind.
Ernährung während der Trächtigkeit
Ab der fünften Trächtigkeitswoche auf ein hochwertiges Welpenfutter umstellen. Die Futtermenge ab der sechsten Woche schrittweise um ca. 10-20% pro Woche erhöhen, bis die Hündin am Ende der Trächtigkeit ca. 25-50% mehr Futter erhält als vor der Belegung. Achten Sie auf eine ausreichende Kalziumzufuhr, aber vermeiden Sie eine Überdosierung, da dies zu Eklampsie führen kann. Eine Supplementierung mit Folsäure (400 µg/Tag) in den ersten Wochen unterstützt die Embryonalentwicklung.
Vorbereitung der Wurfkiste
Die Wurfkiste sollte mindestens zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin (63 Tage nach der Ovulation) aufgestellt werden, damit sich die Hündin daran gewöhnen kann. Die Kiste sollte ausreichend groß sein, damit die Hündin sich ausstrecken kann und die Welpen genügend Platz haben. Stellen Sie sicher, dass die Kiste einen Welpenschutzrand hat, um das versehentliche Erdrücken von Welpen zu verhindern. Die Raumtemperatur sollte idealerweise zwischen 22 und 24 Grad Celsius liegen.
Messen Sie die Körpertemperatur der Hündin ab dem 58. Tag zweimal täglich rektal. Ein Temperaturabfall um ca. 1-1,5 Grad Celsius (unter 37 Grad Celsius) kündigt die bevorstehende Geburt an (Hofmann, Praktikum der Tiergeburtshilfe). Bereiten Sie eine Notfallausrüstung vor: sterile Scheren, Faden, Desinfektionsmittel, Schleimabsauger, Handtücher, Wärmelampe und Kolostrum-Ersatz.
Welpenaufzucht: Die ersten Wochen
Kontrollieren Sie täglich die Gewichtszunahme. Welpen sollten täglich 5-10% ihres Körpergewichts zunehmen. Unterschreitet ein Welpe diesen Wert, ist eine Zufütterung mit Welpenmilch (z.B. Esbilac) indiziert. Die Temperatur im Welpenlager (Wurfkiste) ist kritisch. In der ersten Lebenswoche muss sie 29-32°C betragen, danach kann sie schrittweise auf 24°C gesenkt werden. Nutzen Sie dafür Rotlichtlampen und Thermometer. Achten Sie auf eine gute Luftfeuchtigkeit (55-65%), um Atemwegsprobleme zu vermeiden.
Entwurmung und Impfung
Die erste Entwurmung erfolgt idealerweise im Alter von 2 Wochen mit einem geeigneten Präparat (z.B. Panacur Suspension). Wiederholen Sie die Entwurmung alle zwei Wochen bis zur Abgabe. Die erste Impfung (Parvovirose, Staupe, Hepatitis, Leptospirose, Zwingerhusten) erfolgt üblicherweise im Alter von 8 Wochen, wie von Prof. Dr. Truyen empfohlen.
Sozialisierung und Stimulation
Beginnen Sie ab der dritten Lebenswoche mit kurzen, positiven Kontakten zu verschiedenen Untergründen (Teppich, Fliesen, Gras). Präsentieren Sie den Welpen verschiedene Geräusche (Radio, Staubsauger) in geringer Lautstärke. Nutzen Sie die „Early Neurological Stimulation“ (ENS) nach Carmen Battaglia, um die Widerstandsfähigkeit und Lernfähigkeit der Welpen zu fördern. Tägliche, kurze Übungen (taktile Stimulation, Kopf halten, Bauchlage) wirken sich positiv auf die Entwicklung aus.
Fragen und Antworten:
Ich interessiere mich für einen Appenzeller Sennenhund, habe aber gelesen, dass die Rasse sehr anspruchsvoll ist. Welche grundlegenden Eigenschaften muss ich als zukünftiger Besitzer mitbringen, um einem Appenzeller gerecht zu werden und eine gute Beziehung aufzubauen?
Ein Appenzeller Sennenhund ist zweifellos ein wundervoller, aber auch fordernder Hund. Wichtige Eigenschaften, die Sie als Besitzer mitbringen sollten, sind Konsequenz in der Erziehung, Geduld und vor allem Zeit. Appenzeller sind sehr intelligent und brauchen eine klare Führung. Sie wollen gefordert werden, sowohl körperlich durch ausreichend Bewegung als auch geistig durch Aufgaben und Training. Ein weiterer Punkt ist die Sozialisierung: Es ist sehr wichtig, den Welpen frühzeitig und umfassend an verschiedene Menschen, Orte und Situationen zu gewöhnen, um spätere Probleme zu vermeiden. Außerdem sind Appenzeller sehr treue Hunde, die eine enge Bindung zu ihrer Familie aufbauen. Rechnen Sie damit, viel Zeit mit Ihrem Hund zu verbringen und ihm ein aktives und sinnvolles Leben zu bieten. Wenn Sie bereit sind, diese Verpflichtungen einzugehen, werden Sie mit einem loyalen und liebevollen Begleiter belohnt.
Ich plane, mit meinem Appenzeller Sennenhund zu züchten. Welche gesundheitlichen Untersuchungen sind vor der Zucht unbedingt erforderlich, um sicherzustellen, dass ich gesunde Welpen züchte?
Bevor Sie mit Ihrem Appenzeller Sennenhund züchten, sind umfassende Gesundheitsuntersuchungen von großer Bedeutung. Zunächst sollten Sie Ihren Hund auf Hüftdysplasie (HD) und Ellbogendysplasie (ED) röntgen lassen. Diese Gelenkerkrankungen sind bei größeren Rassen verbreitet und können vererbt werden. Ebenso wichtig ist eine Augenuntersuchung, um erbliche Augenerkrankungen wie Progressive Retinaatrophie (PRA) auszuschließen. Auch eine Untersuchung auf andere rassetypische Erkrankungen, falls bekannt, ist ratsam. Erkundigen Sie sich beim Zuchtverband nach spezifischen Empfehlungen für den Appenzeller Sennenhund. Die Ergebnisse aller Untersuchungen sollten Sie mit Ihrem Tierarzt und dem Zuchtverband besprechen, um sicherzustellen, dass Ihr Hund für die Zucht geeignet ist und keine unerwünschten genetischen Merkmale weitergibt. Nur durch sorgfältige Gesundheitsprüfungen können Sie dazu beitragen, gesunde und fitte Appenzeller Welpen zu züchten.
Mein Appenzeller Sennenhund bellt sehr viel, besonders wenn es klingelt oder jemand am Haus vorbeigeht. Gibt es Möglichkeiten, dieses Verhalten zu reduzieren oder zu kontrollieren, ohne ihn zu bestrafen?
Bellfreudigkeit ist eine typische Eigenschaft des Appenzeller Sennenhundes, da er ursprünglich als Hofhund eingesetzt wurde. Es gibt jedoch Möglichkeiten, dieses Verhalten in akzeptable Bahnen zu lenken, ohne auf Strafen zurückzugreifen. Zuerst sollten Sie herausfinden, warum Ihr Hund bellt. Ist es Aufregung, Angst oder Langeweile? Bieten Sie Ihrem Hund ausreichend Beschäftigung und Bewegung, um Langeweile vorzubeugen. Ein müder Hund bellt weniger. Trainieren Sie mit Ihrem Hund ein Abbruchsignal, wie z.B. „Aus“. Beginnen Sie in ruhiger Umgebung und steigern Sie den Schwierigkeitsgrad langsam. Belohnen Sie ihn, wenn er auf das Signal reagiert. Wenn Ihr Hund bellt, weil es klingelt, können Sie ihn auf einen bestimmten Platz schicken und ihn dort belohnen, wenn er ruhig bleibt. Wichtig ist, dass Sie geduldig sind und konsequent bleiben. Vermeiden Sie es, Ihren Hund anzuschreien, da dies das Bellen nur verstärken kann. Mit positiver Verstärkung und viel Geduld können Sie das Bellen Ihres Appenzellers in den Griff bekommen.
Wir überlegen, einen zweiten Hund zu unserem Appenzeller Sennenhund dazuzunehmen. Was sollten wir beachten, damit die Zusammenführung reibungslos verläuft und keine Eifersucht entsteht?
Die Zusammenführung zweier Hunde kann eine Herausforderung sein, besonders bei einem territorialen Hund wie dem Appenzeller Sennenhund. Bereiten Sie die erste Begegnung gut vor: Lassen Sie die Hunde sich zunächst auf neutralem Gebiet treffen, z.B. bei einem Spaziergang. Vermeiden Sie direkten Augenkontakt und lassen Sie die Hunde sich frei beschnuppern. Achten Sie auf entspannte Körpersprache. Im Haus sollten Sie jedem Hund seinen eigenen Rückzugsort (Korb, Decke) zuweisen, wo er ungestört sein kann. Füttern Sie die Hunde getrennt, um Futterneid zu vermeiden. Schenken Sie beiden Hunden gleich viel Aufmerksamkeit und vermeiden Sie Bevorzugung. Es ist normal, dass es anfangs zu kleineren Rangeleien kommt. Solange keine ernsthaften Verletzungen entstehen, sollten Sie nicht eingreifen, da die Hunde ihre Rangordnung selbst klären müssen. Wenn Sie unsicher sind, holen Sie sich professionelle Hilfe von einem Hundetrainer oder Verhaltenstherapeuten. Eine gut vorbereitete und begleitete Zusammenführung legt den Grundstein für ein harmonisches Zusammenleben.